Fahrt von Berlin nach Locarno im Nostalgie-Express
29.05.2010
Balken

schon um 3 Uhr klingelt der Wecker

Es ist noch dunkel als wir gegen 4 Uhr 20 das Haus verlassen. Mit einem Taxi fahren wir, noch etwas verschlafen, zum Berliner Hauptbahnhof (vormals Lehrter Bahnhof). Hier startet (hoffentlich pünkt- lich) um 05 Uhr 09 unser Nostalgieexpress Richtung Schweiz. Um 4 Uhr 40 fährt unser Taxi vor dem Hauptbahnhof vor. Trotz unserer noch etwas müden Augen finden wir das Gleis 11, wo wir abfahren werden, auf Anhieb. Zu dieser Zeit ist im Hauptbahnhof noch nicht sehr viel los.

Als ich mich bei der Auskunft nach einem geöffneten Zeitungsstand erkundige, bekomme ich nur ein müdes Lächeln. Zitat: “Wir sind zwar hier der Hauptstadtbahnhof, aber Zeitungen gibt es erst ab 5 Uhr 30“. Da sind wir schon längst unterwegs. Auf dem Bahnsteig überlegen wir zunächst, aus welcher Richtung der Zug einfahren wird. Als das geklärt ist, marschieren wir zu dem Punkt, wo wir den Wagen 1, in dem sich unsere Sitzplätze befinden, vermuten. Weit gefehlt.

endlich geht's wir los, 14 Stunden 30 Minuten Fahrt liegen vor uns

Als der Zug einfährt, stellen wir fest, dass unser Wagen Nr. 1 sich am Zugende und nicht wie erwartet am Zuganfang befindet. Also laufen wir schnellen Schrittes den Bahnsteig entlang zum Zugende.

Einfahrt des Sonderzuges - Elke freut sich dass, die Reise endlich los geht

Einfahrt des Sonderzuges - Elke freut sich dass ,die Reise endlich los geht

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Nette Mitarbeiter der IGE helfen den Mitreisenden ihr Gepäck in den Wagen und die Gepäckablagen zu wuchten. Pünktlich um 5 Uhr 09 mit der aufgehen- den Sonne verlassen wir Berlin. Noch ein kurzer Stopp im Ostbahnhof, dann fahren wir hinaus aus der Stadt.

Der Zug besteht aus 4 Personenwagen, einem Speisewagen und einem Bistro- wagen, also eine recht übersichtliche Zuglänge. 120 Personen haben sich, wie wir später erfahren, für diese Reise angemeldet. Erstaunlich, dass die Fahrt trotzdem stattfindet, die geforderte Mindest- teilnehmerzahl liegt bei 140. Unterwegs erwarten uns wunderschöne Ausblicke und der morgendliche Nebel liegt über den Wiesen und Feldern. Ein interessanter Anblick. Unterwegs sehen wir dann auch zum ersten Mal das Weinanbaugebiet „Saale-Unstrut“. Von dem Wein haben wir schon des Öfteren gehört und ihn getrunken, wussten aber nie wo sich dieses Anbaugebiet wirklich befindet. Während der weiteren Fahrt verdichtet sich der Nebel teilweise auf Sichtweiten unter 50 Meter.

wir haben uns eine Stärkung verdient

Wir lassen uns im Bistrowagen auf einen Kaffee nieder. Der Pflaumenkuchen, der mir gefallen könnte, ist leider noch nicht ganz aufgetaut. Es gibt auch zusätzlich noch einen Speisewagen im Zug, in dem dann später das Mittagessen serviert wird.

im nostalgischen Bistrowagen geniessen wir zur Stärkung einen Kaffee

im nostalgischen Bistrowagen geniessen wir zur Stärkung einen Kaffee

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Alles ist noch sehr nostalgisch angehaucht, aber genau deswegen haben wir ja u.a. diese Reise gebucht. In den Abteilwagen sind zwar sechs Sitzplätzen vor- handen, aber nur jeweils vier Personen teilen sich ein Abteil. Alles ist sehr gut in Schuss, aber besitzt halt den Charme der 60er-80er Jahre. Die Toiletten sind o.k., aber auch noch etwas nostalgisch angehaucht. Während der Fahrt verteilen Mitarbeiter der IGE diverses Prospektmaterial an die Mitreisenden. Darunter befinden sich Stadtpläne für Mailand, eine Streckenbeschreibung der Centovalli-Bahn und einiges mehr. Man wird hier offensichtlich sehr gut mit gedruckten Informationen versorgt.

Bei Hörnebach fahren wir dann in den 983 m langen Hörnebacher Tunnel und auf die so genannte „Berliner Kurve“, die uns auf die Nord-Süd-Achse unserer Reise bringt.

auf unserer Fahrt quer durch Deutschland passieren wir Frankfurt am Main

auf unserer Fahrt quer durch Deutschland passieren wir Frankfurt am Main

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Jetzt geht es Richtung Frankfurt am Main, wo wir am Südbahnhof halten. Auf den Zwischenstopps unterwegs haben wir noch etliche Mitreisende einge- sammelt. Nach dem Zwischenstopp in Frankfurt am Main werden von den insgesamt 4 Reiseleitern als kleiner Willkommensgruß an jeden Mitreisenden eine Piccolo Sekt und ein Plastikbecher verteilt. Die Flasche ist noch gut gekühlt, so dass wir uns unverzüglich die Flasche genehmigen. Immer wieder begrüßt der Reiseleiter per Mikrofon die neu zugestiegenen Gäste bzw. gibt Informationen über die Landschaft oder die Städte, die wir gerade durchfahren.

der Zeitplan gerät zunächst ins wanken

Die 30 Minuten Verspätung, die wir uns unterwegs durch technische Zwischenstopps eingehandelt haben, wir müssen dem regulären Zugverkehr immer den Vorrang lassen, hat der Zug bis Frankfurt schon wieder aufgeholt. Bis jetzt ist es eine sehr entspannte Fahrt und die ersten 7 Stunden sind wie im Flug (oder heißt es hier wie im Zug?) vergangen. Das Wetter ist wechselhaft, meistens scheint die Sonne, manchmal sind aber auch ausgedehnte Wolkenfelder vorhanden. Von Frankfurt aus fahren wir jetzt immer Richtung Süden. Mit einer Geschwindigkeit von meist 140 km/h geht es nun über Mann- heim, Karlsruhe und Freiburg in Richtung Basel. Leider liegen die Höhen des Schwarzwalds etwas im Dunst und so können wir diese Landschaft nicht so richtig genießen.

Zwischen Freiburg und Basel gönnen wir uns noch einen Kaffee (2,50€) und ein Stück Obstkuchen bzw. Bienenstich (3,00€), bevor es dann in die Berge geht. Vorbei an vielen Weinhängen erreichen wir Basel Bad auf schweizerischer Seite. Von hier aus geht es in östlicher Richtung vorbei an Basel (ist ein Kopfbahnhof) entlang der Grenze zu Deutschland und dem Rhein Richtung Brugg. Es wird jetzt schon deutlich bergiger als zuvor. In Brugg biegen wir nach Süden ab und fahren auf einer Neben- strecke über Wohlen und Muri nach Rotkreuz.

entlang des Vierwaldstätter Sees fahren wir Richtung Gotthardtunnel

entlang des Vierwaldstätter Sees fahren wir Richtung Gotthardtunnel

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Die Strecke führt uns immer entlang der Reuss, einem der wichtigsten Flüsse der Schweiz. Entlang des Zuger- und später des Vierwaldstädter Sees fahren wir nach Schwyz. Dieser Ort ist Namensgeber der heutigen Schweiz. Die Fahrt entlang der Seen ist phantastisch, schöne Aussichten und die ersten schneebe- deckten Berge tauchen auf. Jetzt befinden wir uns auf der Gotthardbahn.

einige Informationen zur Gotthardbahn

Die Gotthardbahn wurde 1871 geplant und der lange Gotthardtunnel schließlich 1882 eröffnet. Die Strecke ist rund 206 Kilometer lang und führt im Norden des namengebenden Gotthardmassivs von Immensee im Kanton Schwyz, über den Eisenbahnknoten Arth-Goldau und den Depotstandort Erstfeld im Kanton Uri, zum Nordportal des 15 Kilometer langen Gotthardtunnels in Göschenen. Vom Südportal in Airolo im Kanton Tessin, führt die Strecke über den Werkstättenstandort Bellinzona nach Chiasso, an die Grenze zu Italien. Insgesamt besitzt die Strecke 25 Brücken und 67 Tunnel.

wir durchqueren die Schweizer Alpen

Über Brunnen und Flüelen geht es weiter nach Erstfeld. Hier waren früher bis zu 100 Dampfloks sta- tioniert um die Güterzüge durch die Berge zu schleppen. Ab jetzt beginnt eine ganz tolle Fahrt durch die Alpen. Man kann gar nicht jede Einzelheit beschreiben, die An- und Ausblicke wechseln ständig und man weiß nicht wo man zuerst hinsehen soll.

unser Zug fährt in den 15 km langen Gotthardtunnel ein

unser Zug fährt in den 15 km langen Gotthardtunnel ein

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Immer wieder fahren wir durch Tunnel, auf Rampen und Kehr- und Spiraltun- neln. Jedes Mal sieht alles wieder ganz anders aus. Es ist ein Feuerwerk aus schönen Motiven. Es ist schwer sich zu entscheiden, ob man zuerst mit dem Auge sieht um es für alle Ewigkeiten zu erleben oder ob man die Kamera klicken lässt um den Augenblick (auch für die Ewigkeit) zu speichern. Die Szenen ändern sich schnell, manches kann man gar nicht richtig erfassen. Es ist eine wunderbare Fahrt, die trotz der etwa 3 Stunden dann viel zu schnell vorbei geht.

Wer sich die Strecke im Detail durchlesen möchte, dem seien die Seiten "Lokifahrer" und der Artikel in Wikipedia empfohlen. In beiden Links wird die Strecke ausführlich beschrieben. Das Wetter spielt auch mit, es ist trocken und immer wieder schiebt sich die Sonne durch die Wolken.

die ersten Häuser von Locarno mit dazugehörigen Weinbergen tauchen auf

die ersten Häuser von Locarno mit dazugehörigen Weinbergen tauchen auf

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In Giubiasco biegen wir endgültig von der eigentlichen Gotthardbahn ab, um nach Locarno zu fahren. Ich glaube, wir haben beide zusammen bis jetzt über 200 Bilder geschossen. Wir haben fast die ganze Strecke nur am Fenster gestanden und gestaunt. Zum Glück fahren wir die gleiche Strecke am kommenden Mittwoch auch wieder zurück. Um 19 Uhr 32 erreichen wir nach 14 Stunden und 23 Minuten den Bahnhof von Locarno.

Ankunft in Locarno

Alle 120 Mitreisenden werden auf die einzelnen Hotels (je nach Buchung) verteilt und das Gepäck, sortiert nach den farbigen Kofferanhängern, in die Hotels transportiert. Die Gäste in Locarno laufen zu ihre nahen Hotels, es sind das Ramada Arcadia und das Ramada La Palma. Unser Hotel, das 4-Sterne Hotel Ascona liegt 4 km entfernt in Ascona. Zusammen mit 16 weiteren Personen werden wir per Bus dorthin befördert. Wir bekommen sehr schnell unsere Schlüssel und gehen sofort auf unser Zimmer um es in Augenschein zu nehmen.

das Hotel Ascona, am Hang gelegen mit Ausblick auf den Lago Maggiore

das Hotel Ascona, am Hang gelegen mit Ausblick auf den Lago Maggiore

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Der erste Eindruck, alles ist in Ordnung. Das Zimmer (Nr. 105) liegt im ersten Stock, hat Aussicht auf den Lago Maggiore, 2 schöne, zusammenstehende Betten und ist gut eingerichtet. Eine Minibar, ein Fernseher, ein schönes Bad, was braucht der Mensch mehr. Ich gehe wieder hinunter zur Rezeption, wo schon unsere Koffer eingetroffen sind. Ich „schleppe“ beide nach oben und wir packen schnell unsere Sachen aus.

unser erstes Abendessen

Anschließend ziehen wir uns um, da für 20 Uhr 30 schon das Abendessen angesetzt ist. Uns wird jeden Abend ein 4-Gänge-Menü serviert.

Vorspeise    : Melone und Schinken
Zwischenspeise    : Salat vom Büffet
Hauptgericht    : glasierte Kalbshaxe mit Polenta
Dessert    : Tiramisu

Als Getränk wähle ich mal versuchsweise Rivella, für diese Brause wird im deutschen Fernsehen viel Reklame von Emil Steigenberger gemacht. Sie schmeckt nicht schlecht, haut einen aber auch nicht aus den Socken. Nach dem Abendessen schicke ich schnell noch einige Emails vom kostenlosen, öffentlichen Terminal im Lobbybereich ab.

Dann ziehen wir uns gegen 22 Uhr 45 auf unser Zimmer zurück. Jetzt müssen wir uns erst mal von dem vielen Geschnatter und den vielen Leuten erholen. Der heutige Tag und die Zugfahrt sind wider erwarten sehr schnell vergangen und die letzten 3-4 Stunden waren die besten der gesamten Strecke. Ich schreibe noch schnell den Reisebericht, den ich bereits im Zug begonnen habe, zu Ende. Die Bilder werden auf den Laptop überspielt und dann mache ich mich auch fertig zum schlafen gehen. Morgen ist die Nacht schon wieder um 6 Uhr 30 zu Ende und die letzte Nacht war ja auch bloß 4 Stunden lang.

Balken
Wetter : teils heiter teils wolkig, 7-25 Grad
Unterkunft : Hotel Ascona **** HP
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