von Bikaner nach Jaipur - 402 km
19.03.2013
Balken

erste kleine Kranheitssyndrome

um Jaipur herum treffen wir auf erstaunlich viele Dromedar-Karren

um Jaipur herum treffen wir auf erstaunlich viele Dromedar-Karren

>> schliessen <<

Auch heute heißt es für uns wieder früh aufstehen, die längste Etappe der Reise (380 km) liegt vor uns. Nach dem nicht gerade üppigen Frühstück starten wir um 7 Uhr 45 zu unserer langen Etappe. Leider geht es René nicht sehr gut, er hat wohl eine Tendenz zum Erbrechen und hält sich dementsprechend vom Frühstück fern. Nur ein Tee und das war's. Im Bus verzieht er sich auf seine Reihe und versucht einfach die Fahrt zu verschlafen. Schatten spendet eine Zeitung, die wir an das Fenster hängen. Auf dem Weg zum Rattentempel, einem der wohl bizarrsten Tempel, stoppen wir an einigen Karren mit Dromedaren, ein toller Anblick. Diese Gespanne sind hier sehr weit verbreitet.

Besuch des Rattentempels (Karni-Mata-Tempel)

der Rattentempel von Deshnok

der Rattentempel von Deshnok

>> schliessen <<

In Deshnok, etwa 30 km südlich von Bikaner, unterbrechen wir unsere Fahrt für den einzigen Besichtigungspunkt des Tages, den hinduistischen Rattentempel. Neben unseren eigentlichen Tempelsocken bekommen wir noch zusätzliche Überzieher, wegen des Rattenkots. Filmen kostet hier 50 Rupies, Kameras nur 20 Rupies. Schon beim Betreten der Anlage, seine Geschichte reicht etwa 600 Jahre zurück, entdecken wir die ersten Ratten, die sich aber von uns fern halten. Jai erzählt uns einiges zur Geschichte des Tempel. Dann gehen wir zur der Stelle mit den bekanntesten Bildern. Die Ratten, die von den Besuchern mit Speisen und Getränken umsorgt werden, versammeln sich um eine Schüssel mit Milch und trinken alle gleichzeitig davon, eigentlich ein possierlicher Anblick.

Dann sehen wir, wie ein älterer Mann ein sehr kleines Kind genau neben so ein Schüssel legt, aus der auch Ratten trinken. An vielen Stellen auf dem Boden befindet sich Rattenkot. Für uns ein unvorstellbarer Anblick mit dem Kind, für die Leute hier selbstverständlich. Sie essen und trinken auch aus den gleichen Gefäßen, die die Ratten benutzen, das soll Glück bringen. Erstaunlicherweise sind die Ratten im Tempel für die Hindus heilig, während sie außerhalb des Tempels als Schädlinge angesehen werden.

In das direkte Innere des Tempels dürfen wir nicht. Der ist den Hinduisten vorbehalten und auch sehr eng. Was mich aber wundert, auf dem gesamten Gelände sind bei weitem nicht soviel Ratten, wie ich es mir nach Schilderungen im Internet vorgestellt habe. Es stinkt auch nicht so schrecklich wie teilweise beschrieben. In vielen Löchern, Nischen und Ecken sitzen Ratten, eine rennt sogar übers Elkes Socken. Leider keine weiße Ratte, das soll Glück bringen.

eine heilige Kuh bewacht die Schuhe der Besucher

eine heilige Kuh bewacht die Shuhe der Besucher

>> schliessen <<

Wird eine Ratte mal aus Versehen tödlich verletzt, so ist der Besucher angewiesen, das tote Tier außerhalb des Tempels zu begraben und dem Tempel eine Spende in Form einer silbernen bzw. goldenen Ratte zu übergeben. Das ist uns zum Glück nicht passiert. Wir haben 15 Minuten Freizeit und erkunden selber noch ein wenig den Tempel. Dann kehren wir zu unseren Schuhen zurück und verlassen diesen etwas eigenartigen Ort. Vor dem Tempel bietet sich uns noch ein lustiges Bild. Ein heilige Kuh steht inmitten der von den Besuchern abgelegten Schuhe, wie soll man da an seinen Schuh kommen?.

die Landschaft verändert sich ein bisschen

Auf der Weiterfahrt wechsel ich bei Jai zunächst mal wieder 100€ in Rupies ein. Auf der Fahrt sehen wir wieder jede Menge Tiere: so eine Art brauner Eisvogel, Dromedare, Schafe, Ziegen, Kühe, Ratten und einen Wildfuchs, der quer über die Straße läuft. Die Strecke verläuft durch eine erstaunlich hügelige Landschaft, die später auch nicht mehr ganz so karg aussieht wie gestern. Gegen 12 Uhr legen wir eine erste kurze Pause ein, hier herrschen jetzt schon 32 Grad. Weiter geht unsere Fahrt, die nur durch einige Bahnübergänge gestoppt wird, die geschlossen sind. Wir müssen einige Züge passieren lassen. Neben der Straße tauchen die ersten Korallenbäume auf, wir verlassen langsam wieder die Wüste Thar.

Picknickpause an einem alten Stufenbrunnen

alter Stufenbrunnen aus dem 17. Jahrhundert bei Fatehpur

alter Stufenbrunnen aus dem 17. Jhdt. bei Fatehpur

>> schliessen <<

Gegen 13 Uhr 15 legen wir eine kurze, geplante Picknickpause an einem alten Stufenbrunnen aus dem 17. Jahrhundert in der Nähe von Fatehpur ein. Die große, inzwischen etwas verfallene und nicht mehr genutzte Anlage diente früher für die Bevölkerung zum Baden und Waschen und als großer Wasserspeicher. Eigentlich eine sehr schöne Anlage. Im Schatten genießen wir Toast mit Tomate und Gurke, Banane, 2 Stück Kuchen und einen Mangosaft auf mitgebrachten Decken. Hier sind erstaunlicherweise nur 30 Grad. Gegenüber der Anlage befindet sich noch ein alter, intakter Brunnen. Alle Picknickreste werden anschließend eingesammelt und weiter geht die Fahrt durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Unterwegs treffen wir immer wieder auf diese überdimensionalen LKWs, die mittels einer Art Riesensack meist Viehfutter, aber andere Sachen transportieren. Teilweise ist der LKW selber gar nicht mehr zu sehen unter seiner Last.

die Wüste zieht sich zurück

diese unförmigen und völlig überladenen LKWs trifft man überall in Rajasthan

diese unförmigen und völlig überladenen LKWs trifft man überall in Rajasthan

>> schliessen <<

Im Hintergrund erscheinen die ersten Berge und am Straßenrand die ersten Laubbäume. Jai erzählt uns einiges über das indische Kastensystem und wir hören gespannt zu. Langsam nimmt die Besiedelung immer mehr zu und wir passieren viele Straßenbaustellen, die Straße ist teilweise in einem ziemlich katastrophalen Zustand. Statt der max. 60 km/h sind manchmal nur 15 km/h möglich. Später sehen wir hunderte, wahrscheinlich tausende Pilger aus Richtung Jaipur zu einem Tempel ziehen, der ca. 70 km vor der Stadt liegt. Ein scheinbar nicht abreißender Strom von Menschen, der da an der Straße entlang zieht. Wie stark muss ihr Glaube sein.

Jaipur, eine Millionenstadt ist erreicht

Wir erreichen die 5-Millionen-Metropole Jaipur. Fahrzeuge ohne Ende, ob motorisiert, oder mit Büffel-, Pferde- oder Dromedarstärken angetrieben, tummeln sich auf den völlig verstopften Strassen. Mittendrin noch die heiligen Kühe, die teilweise mitten auf der Straße liegen. Dazu noch die vielen Menschen. Wir durchqueren die, im Vergleich zu anderen indischen Städten, recht schmutzige Stadt und erreichen kurz vor 17 Uhr das Hotel Narain Niwas Palace. Geheimnisvoll bittet uns Jai um 17 Uhr 50 frisch geduscht in der Lobby zu erscheinen. Wir sind etwas irritiert. Heute abend essen wir bei einer indischen Familie und er will uns noch etwas zum Thema Kleidung und dem Ablauf des Abends. sagen. Wir sind schon sehr gespannt. Unser Zimmer sieht zwar ganz nett aus, ist aber deutlich kleiner als in Bikaner und ist nicht so toll ausgestattet. Aber es ist in Ordnung. Die beiden "Jungs" erhalten allerdings ein Zimmer mit Schimmel an den Wänden, aus dem sie sofort wieder aus- und umziehen.

heute "machen wir in Familie"

wir werfen uns in Schale für den heutigen Familienbesuch

wir werfen uns in Schale für den heutigen Familienbesuch

>> schliessen <<

10 Minuten vor 18 Uhr sind wir wieder unten in der Lobby. Jai hat für jeden ein Gewand bereitgelegt, welches wir heute Abend anziehen sollen. Für die Damen einen vorgefertigten Sari, für die Herren eine Kurta, ein lockeres weites Hemd mit Stehkragen und eine dünne und weite Hose mit Kordelzug statt Gürtel. Wir dürfen die Sachen sogar behalten und mit nach Hause nehmen. Wir sind total verblüfft. Die drei Damen ziehen sich unter professioneller Hilfe einer Inderin in Anitas Zimmer um, Achim und ich legen unser Gewand bei uns im Zimmer an. Ich bin überrascht, dass mir die Größe passt. Unsere 3 Damen sehen alle bezaubernd in ihren Saris aus. Jai erwartet uns schon vor der Rezeption und schießt vor schöner Kulisse von uns allen ein Foto mit den jeweiligen Kamera. Leider kann René wegen seiner gesundheitlichen Probleme noch nicht an dem "Familientreffen" teilnehmen, daher fehlt er auch auf dem Gruppenbild.

Dann fahren wir zur angekündigten "typisch indischen Familie". Wir sind schon sehr gespannt, wo und wie sie leben werden und aussehen. Unterwegs versagt beim Bus mehrmals das Getriebe aber der Assistent des Busfahrers kann es jedes mal schnell wieder in Gang bringen. In einem etwas besser aussehenden Viertel halten wir vor einem größeren Haus und sind dann völlig überrascht. Hier wohnt Jai mit seiner gesamten Familie, 4 Generationen unter einem Dach. Wir erkennen alles daran, das sein Vater, den wir schon auf der Rundreise kennen gelernt haben, vor der Tür steht und uns in bestem Deutsch begrüßt. Auf dem Arm hält er Jais Tochter. Na da hat er sich aber eine tolle Überraschung ausgedacht.

Abendessen in einer typisch indischen Familie

Abendessen in einer typisch indischen Familie

>> schliessen <<

Wir werden auch sehr herzlich von den anderen Familienmitgliedern begrüßt. Mutter, Bruder, Vater, Ehefrau und auch Oma, alle sind versammelt. Wir nehmen in einem größeren Raum im Schneidersitz auf dem Boden Platz und unterhalten uns erstmal eine ganze Weile, Jais Vater spricht auch ein hervorragendes Deutsch. Währenddessen wird Masalatee serviert und Wasser. Für Masalatee gibt es kein festes Rezept. Er wird aus schwarzem Tee, Milch, Zucker und verschiedenen Gewürze wie Kardamom, Zimt, Ingwer, Pfefferkörner, Lorbeerblätter, Nelken und Muskat zubereitet und schmeckt sehr gut. Dann dürfen wir in der Küche bei der Zubereitung des Brotes zusehen, welches uns heute Abend serviert wird. Ich bekomme zum Essen noch einen kleinen Hocker, Schneidersitz ist nicht so mein Fall. Das Essen wird uns in 4 kleinen Schüsseln gereicht, jede mit etwas anderem gefüllt. Kichererbsensuppe mit Zwiebeln, Reis mit Erbsen, Kartoffeln gewürzt und Weißkohl gut abgeschmeckt. Kein Fleisch, wir sind in einem Vegetarierhaushalt. Alles schmeckt sehr lecker, besonders zusammen mit dem frischen, warmen Brot.

Rückkehr ins Hotel

Anschließend unterhalten wir uns noch eine Weile und gegen 21 Uhr werden wir sehr herzlich verabschiedet. Jai bleibt über Nacht bei seiner Familie. Unser Fahrer bringt uns ins Hotel zurück, wo wir gegen 21 Uhr 45 eintreffen. Inzwischen ist es schon kurz vor 23 Uhr und wir werden bald schlafen gehen, morgen haben wir ein volles Programm, 6 Uhr 15 ist wecken. Ein toller Abschluss des Tages, dieser Besuch bei einer „typisch indischen Familie“.

Balken
Wetter : 34 Grad, sonnig
Unterkunft : Hotel Narain Niwas Palace FP